Harte MĂ€dels - Heilbronner Stimme
Bericht von Stephan Sonntag in der Heilbronner Stimme vom 23.8.2018
Rugby ist der Sport fĂŒr die ganz harten MĂ€nner. Es braucht gigantische Körper, finstere Mienen, totale Schmerzunempfindlichkeit. Die fĂŒnf Heilbronner MĂ€dels Marie Fronius, Clara Tauscheck, Sophie Hacker, JohannaAlfs und Joy Weatherspoon entsprechen dieser Klischeevorstellung in keiner Weise. Dabei spielt das 14 bis 16 Jahre junge Quintett kĂŒnftig in der ersten Bundesliga der Frauen. In Ermangelung von Vereinen in der Region allerdings fĂŒr den Heidelberger RK und die RG Heidelberg.
Wehleidige Jungs
"Ich bin froh, jetzt in einer reinen Frauen-Mannschaft zu spielenâ, sagt die 14-jĂ€hrige Fronius. Im Jugendbereich sind bis zur U14 gemischte Teams ĂŒblich, was bei den ambitionierten Heilbronnerinnen nicht auf allzu groĂe Gegenliebe gestoĂen ist. "Ach, die Jungs. Die geben immer viel zu schnell aufâ, sagt Fronius. Rugby ist ihr und ihren Freundinnen viel zu wichtig, als es mit wehleidigen Jungs betreiben zu wollen.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachtet Guntram Hacker die talentierten Spielerinnen. Durch seine AG am Katholischen Bildungszentrum St. Kilian sind seine Tochter und ihre vier Freundinnen zum britischen Gentlemen-Sport gekommen. Der Sprung seiner frĂŒheren SchĂŒtzlinge in den Leistungssport freut Hacker natĂŒrlich. "WĂ€ren sie in Heilbronn geblieben, hĂ€tten wir jetzt aber ein Team fĂŒr den Spielbetrieb beisammenâ, bedauert er andererseits.
Guter Ausgleich zum Alltag
Doch wie lassen sich junge MĂ€dchen ĂŒberhaupt fĂŒr diesen harten Sport begeistern? "Es ist einfach was anderes und ein guter Ausgleich zum Alltagâ, sagt Joy Weatherspoon. Sophie Hacker ergĂ€nzt: "Es macht einfach SpaĂ als Team, etwas zu erreichen.â
DafĂŒr betreiben die MĂ€dels groĂen Aufwand. Drei- bis viermal in der Woche fahren sie nach der Schule mit der Bahn nach Heidelberg. "Das ist ganz praktisch. Im Zug kann man Hausaufgaben machen oder lernenâ, sagt Clara Tauscheck. Sie hat dem Turnen abgeschworen, um zum Rugby zu gehen. Johanna Alfs hat sich gegen FuĂball und fĂŒr Rugby entschieden. Nicht immer stieĂen diese VerĂ€nderungswĂŒnsche sofort auf groĂe Gegenliebe bei den Eltern. Das hat sich aber mittlerweile geĂ€ndert. "Die MĂ€dels sind sehr sozial und selbstbewusst. Ich muss sagen, Rugby bringt sie gut durch die PubertĂ€tâ, freut sich Maries Mutter Alexandra Fronius.
Die Olympischen Spiele sind der Traum
Aus dem Hobby mal einen Beruf zu machen, ist insbesondere im Frauenbereich aber nicht möglich. In der Rugby-Hochburg Heidelberg gibt es aber zumindest starke Vereine und gute Trainer. "Es gibt fĂŒr uns so gut wie keine Förderung in Deutschlandâ, bemĂ€ngelt Sophie Hacker. Ihr groĂes Ziel sind gemeinsame LĂ€nderspiele mit ihrer Ă€lteren Schwester Johanna, die bereits Nationalspielerin ist.
Der Traum aller fĂŒnf wĂ€re eine Teilnahme an Olympischen Spielen. In der Siebener-Version ist Rugby seit Rio 2016 im Programm. "Das Tollste wĂ€re, wenn wir das alle zusammen schaffen wĂŒrdenâ, sagt Joy Weatherspoon.
Direktes Duell gegen die Freundinnen
Bevor es so weit ist, geht es aber erst einmal gegeneinander. Am 22. September kommt es zum Duell zwischen dem Heidelberger RK und dem SC Neuenheim, der in der 15er-Bundesliga eine Spielgemeinschaft mit der RG Heidelberg bildet. Dann treffen Sophie Hacker und Johanna Alfs auf der einen Seite auf ihre Freundinnen Clara Tauschek, Marie Fronius und Joy Weatherspoon. "Das ist egal. Auf dem Platz wird richtig hingegangenâ, sagt Johanna Alfs. Rugby ist eben nicht nur ein Gentlemen- sondern auch ein Ladies-Sport.