Leander Heimpel im Interview
Nach dem Interview mit Björn Bürgler hat rgh-rugby.com im Februar mit Leander Heimpel, dem Sportvorstand der RGH-Rugbyabteilung, gesprochen. Der 54 jährige Maschinenbauingenieur ist seit 44 Jahren RGH-Mitglied und feierte 1980 den ersten deutschen Meistertitel im Herrenbereich. "Leo" ist in seiner Position sowohl bei den Heimspielen als auch bei fast allen Aufwärtsfahrten dabei und hat durch direktes Feedback zu den jeweiligen Leistungen auch Einfluss auf die Spieler. Als aktiver Spieler wurde er in der Hintermannschaft auf mehreren Positionen eingesetzt.
rgh-rugby.com: Hallo Leander, danke, dass du dir kurz Zeit für ein kleines Interview nimmst. Als Abteilungsleiter Sport für die RGH Rugbyabteilung bist du eng mit der RGH verbunden. Mit was beschäftigst du dich im Augenblick?
Leander: Die Hauptaufgabe des Abteilungsleiter Sport in der RGH ist, die Organisation des Spielbetriebes im Frauen- und Herrenbereich. Dazu gehören die Spielplangestaltung, Organisation der Heim.- und Auswärtsspiele, die Fahrten der Teams, Teilnahme an den turnusmäßigen Verbandssitzungen, Kontakt zur Stadt Heidelberg usw.. Zu meinen Aufgaben gehört auch den jährlichen Etatplan für den Spielbetrieb zu erstellen. In der Spiel- und Trainingsfreien Zeit ist es etwas ruhiger. Da habe ich in unserem Clubhaus den Umbau der Herrentoilette organisiert. Diese Aufgabe gehört nicht unbedingt in das Ressort Abteilungsleiter Sport.
rgh-rugby.com: Du warst auch als Spieler für die RGH aktiv und hast einige Erfolge eingefahren. Wie kamst du überhaupt zum Rugby?
Leander: Zum Rugby kam ich über die Schule. Dierk Baumgarten hat alle interessierten Kinder zum Training auf die "alte" RGH eingeladen. Das war 1970. Zu dieser Zeit haben alle Kinder aus HD-Bergheim und dem Ochsenkopf, die in meinem Alter waren, Rugby bei der RGH gespielt. Darunter war Klaus Schachner, Andreas Henn, meine Brüder Wolfgang und Harald, Georg Werle, Andreas und Michael Herbold, Bernhard Reichenbach, Michael Schlotthauer, Matthias Haaf usw.
rgh-rugby.com: Kannst du dich noch an dein erstes Spiel für die Herrenmannschaft erinnern?
Leander: Das war im Herbst 1977 gegen den TSV Handschuhsheim. Wir haben 9:3 gewonnen. In diesem Spiel habe ich auch meinen ersten Versuch für die RGH gelegt. Da zählte der Versuch noch 4 Punkte. Trainer war damals Dierk Baumgarten.
rgh-rugby.com: Hattest du zu deiner Zeit als Spieler ein sportliches Vorbild in der RGH und International?
Leander: In der RGH Fritz Pfisterer. Der hat so gnadenlos hart, aber immer fair getakelt. International hat mir Micheal Lynagh gefallen. Der hat für Australien Verbinder gespielt. Auch der Neuseeländer Grant Fox. Der war ein begnadeter Trittspezialist.
rgh-rugby.com: 1980 ist die RGH zum ersten Mal deutscher Meister geworden. Du hast diese Zeit als aktiver Spieler erlebt. Wie verlief die Saison aus deiner Sicht?
Leander: Wir waren damals eine sehr junge und nach Erfolg hungrige Mannschaft. Alle Spieler haben die Jugendabteilung der RGH durchlaufen und waren technisch sehr gut ausgebildet. In der Rückrunde 1980 haben wir Sieg um Sieg eingefahren und das Entscheidungsspiel um den 1. Platz in der Bundesliga Süd, gegen den TSV, gewonnen. Somit hatten wir ein unerschütterliches Selbstvertrauen. Von der Fitness her, waren wir in diesem Jahr den anderen Mannschaften überlegen, weil viele Spieler zusätzliche Trainingseinheiten machten. Am Endspieltag passte dann bei uns alles zusammen. Wir konnten unsere Leistung zu hundert Prozent abrufen, wir hatten nichts zu verlieren und TSV 97 Linden spielte, vielleicht durch die Last der Favoritenrolle, nicht so stark, wie gewohnt auf.
rgh-rugby.com: Wie habt ihr euch auf das Finale vorbereitet und wer war deiner Meinung nach der "Man of the Match" in diesem Finale?
Leander: Wir haben uns morgens auf der RGH getroffen. Unser Kapitän Jürgen Baust stieg mit einem Kopfverband aus dem Auto. Der damaligen Trainer Dieter Rück war einem Herzkasper nahe. Der Kopfverband war nur eine Attrappe. In die Sudpfanne haben wir ein gemeinsames Essen eingenommen. Anschließend fuhren wir mit dem Bus nach Frankfurt zogen uns um und bereiteten uns auf das Endspiel vor. Nach dem Spiel hatten wir ein Bankett auf dem Frankfurter Fernsehturm. Die Heimfahrt ins RGH Clubhaus, wo unsere Mitglieder und Fans warteten, war sehr kurzweilig. Dort war Party angesagt. Man of the Match war Georg Werle, der den entscheidenden Versuch legte.
rgh-rugby.com: Was waren neben dem Gewinn der deutschen Meisterschaft die Höhepunkte deiner aktiven Karriere?
Leander: Höhepunkte waren: 1972 der Gewinn der ersten Schüler-Meisterschaft (B-Schüler) für die RGH, 1975 der Gewinn der ersten Jugend-Meisterschaft (B-Jugend) für die RGH, die Spiele, Fahrten und Turniere mit der Junioren-Nationalmannschaft. Auch die A-Jugend und A-Schüler Meisterschaft 1990 in Berlin war ein besonderer Höhepunkt. Wir fuhren mit 2 Jugendmannschaften nach Berlin und kamen mit 2 Meistertiteln nach Hause. Andreas Beyer und ich haben damals die Mannschaft trainiert.
rgh-rugby.com: Du warst auch als Co-Trainer aktiv und hast als Sportvorstand einige Spieler und Trainer kommen und gehen sehen. Was war dein persönliches Highlight deiner bisherigen Funktionärskarriere?
Leander: Das waren die Jahre 1996 und 1997. 1996 standen wir in allen Endspielen (Deutsche Meisterschaft; Deutsche Pokal-Meisterschaft und Siebener Meisterschaft). Wir haben alle verloren. Im Jahre 1997 haben wir wieder alle Endspiele erreicht aber diesmal alle gewonnen. Der damalige Trainer war Günther Sträßer. Zwei besondere Highlights dabei waren einmal das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft am 12.07.1997 in Hannover gegen TSV Victoria Linden, das nach Verlängerung 12:12 stand und wir durch Platztritttreten für uns entscheiden konnten. Zum anderen das Eurocupspiel RGH - RC Boitsfort (Belgien) am 02.11.1997, das wahrscheinlich das beste Spiel war, das die RGH je gespielt hat. Wir haben mit 39:20 gewonnen.
Leander Heimpel beim Leiten der Spielversammlung
rgh-rugby.com: Wie beurteilst den neuen Trainer Christopher Weselek und was erwartest du von ihm und der Mannschaft in 2014?
Leander: Christopher Weselek ist ein sehr junger Trainer, der vor kurzen noch selbst aktiv in der RGH gespielt hat. Wir wollten ihn zusammen mit Bernd Schöpfel als Co-Trainer für die Hintermannschaft installieren. Nach dem Rückzug von Bernd Schöpfel hat er die Aufgabe des Cheftrainers übernommen. Er kann unseren Hintermannschaftspielern mit seiner internationalen Erfahrung bestimmt noch einiges beibringen und im taktischen Bereich sie noch besser schulen. Christopher hat auch neue Ideen und Trainingsformen ins Training mitgebracht, was die Mannschaft sehr positiv aufgenommen hat. Im Sturmspiel kann er auf die Unterstützung von Rudolf Finsterer und Manuel Wilhelm bauen.
rgh-rugby.com: Dein Sohn Fabian und dein Neffe Elmar sind aktuelle Leistungsträger der RGH und auch im Kader der 7er Nationalmannschaft. Die RGH ist als Rekordchampion besonders stark aktiv in dieser schnelleren Variante des Rugbys. Wie ist dein Bezug zum 7er Rugby? Hätte dich das als aktiver auch gereizt?
Leander: Die Perle des Rugbysports wird immer das 15-er Rugby bleiben. Ich finde das 7er Rugby ist im Sommer eine schöne Abwechslung. Davon können die Vereinsamateurmannschaften 2 -3 Turniere spielen. Der Zeitaufwand ist für die Spieler sehr groß, weil die Turniere über 2 Tage gehen. Auch werden die Zuschauer nur zu ausgewählten Siebener Turnieren gehen, weil man nicht jedes Wochenende 2 Tage auf dem Rugbyplatz verbringen möchte. Ich glaube jeder Hintermannschaftsspieler, der schnell, trickreich und ball gewandt ist, liebt das 7er Spiel als Abwechslung und Ergänzung zum 15er Rugby. So wäre dies auch bei mir gewesen.
rgh-rugby.com: Die Bundesliga hat sich in den letzten Jahren verändert. Es gibt mehr Vereine, die finanziell deutlich aufgerüstet haben? Wie beurteilst du die Situation im deutschen Rugby und was wünscht du dir fürs deutsche Rugby in der Zukunft?
Leander: In Deutschland will man das Rugby durch das neue Spielsystem in die Breite bringen. Dies ist meiner Meinung nach der falsche Weg. In Deutschland sind die Leistungsunterschiede der einzelnen Mannschaften zu groß. Man kann den Ausgang von 90% der Spiele voraussagen. Das bringt die Gewinnermannschaften in ihrer Weiterentwicklung bzw. Leistungssteigerung nicht weiter, und bei den Verlierermannschaften macht sich Frustration breit. Die Zuschauer haben kein Interesse solche Spiele zu sehen. Dies kann man am Zuschauerschwund der letzten Jahre sehen. Wir brauchen ein Spielsystem in dem gleichwertige Mannschaften gegeneinander spielen und es auch Überraschungen geben kann. Das hebt das Leistungsniveau der Mannschaften die jeden Spieltag gefordert werden und die Zuschauer können packende und spannende Spiele sehen. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass die Siebener Nationalspieler aus den Vereinen herausgelöst werden und vom Verband oder einer anderen Organisation trainiert, betreut und finanziell unterstützt werden. So kann der Vereinsspielbetrieb ohne Rücksicht auf das Siebener Rugby organisiert werden. Das Terminchaos, das wir im Moment haben, wäre nicht vorhanden und die Siebener Spieler wären durch den Vereinsspielbetrieb auch nicht überspielt. Dazu fehlen zurzeit dem Verband die finanziellen Mittel und ein Sponsor ist auch nicht zu sehen.
rgh-rugby.com: Eine letzte Frage: Wer wird deutscher Meister 2014?
Leander: Der Heidelberger Ruderklub (HRK) wird Deutscher Meister 2014. Die haben den besten und auch ausgeglichenen Spielerkader. Die ersten 15 Spieler können jederzeit gleichwertig ersetzt werden. Auf den Schlüsselpositionen haben sie sehr gute Einzelspieler eingekauft. Sie spielen seit Jahren das gleiche Spielsystem. Da weiß jeder Spieler, was er zu tun hat. Es ist nicht das attraktivste aber sehr erfolgreich. An der Linie steht ein sehr guter hauptamtlicher angestellter Trainer, der die Mannschaft des HRKs betreut. Auch einen Manager als Vollzeitkraft steht zur Verfügung, der sich nur um die Mannschaft und den Verein kümmern kann.